Fernwärme: ein Feedback aus der Praxis

10.10.2023

Herr Fabrizio Conceprio, was ist die Aufgabe des Unternehmens, für das Sie arbeiten?

Ich arbeite im Ingenieurbüro Lucchini – Mariotta e Associati SA und beschäftige mich hauptsächlich mit Forsttechnik (Forstwirtschaft und Naturgefahren) und Tiefbau im Dienst des Kantons und der Gemeinden. An einem Tag in der Woche bin ich auch im Energiebereich für die Biomassa Blenio SA tätig.

Wie kommt ein Holzschnitzel-Fernwärmeprojekt zustande?

In unseren Breitengraden geht es oft auf die Initiative einer Gruppe von Vertretern verschiedener Stellen zurück, die daran interessiert sind, das Potenzial der Nutzung von einheimischem Holz zu untersuchen. Die Energieplanung des Gebiets, die von mehreren Gemeinden durchgeführt wird, kann ebenfalls bei der Verwirklichung dieser Projekte hilfreich sein. In jedem Fall erfordert so ein Wärmeprojekt das Engagement von Personen, die fest an das Projekt glauben und es mit einer starken, auch ideologischen Motivation durchführen.

 Was ist für den erfolgreichen Abschluss eines solchen Projekts unerlässlich?

Von grundlegender Bedeutung sind die Motivation und der Initiativgeist der beteiligten Personen, die an den Nutzen dieser Projekte, die einen echten Dienst an der Bevölkerung darstellen, glauben müssen.

Olivone, Airolo, Acquarossa … was haben sie gemeinsam?

In all diesen Orten gibt es einen Wärmeverbund, der von einem kleinen (700-800 kW) Holzhackschnitzelkraftwerk gespiesen wird. Diese Wärmeverbünde werden von der Stiftung KliK im Rahmen des Programmes Wärmeverbünde subventioniert. Sie alle haben ein Entwicklungspotenzial, das in den kommenden Jahren genutzt werden könnte.

Wie viele Gebäude werden mit einem Netz wie Acquarossa beheizt und wie viele Tonnen CO2 können pro Jahr eingespart werden? Sind weitere Netzentwicklungen geplant?

Der Wärmeverbund Acquarossa hat eine Ausdehnung von 3’150 m und die Zahl der angeschlossenen Nutzer ist auf 30 im Jahr 2022 angewachsen. Dank dieses Netzes, das die Demontage mehrerer Ölkessel ermöglicht hat, werden im Jahr 2022 651 Tonnen CO2 eingespart, was einer Zahlung von 65’100 CHF durch die Stiftung KliK entspricht.

Wie beurteilen Sie Ihre Erfahrungen mit der Stiftung KliK? Gab es irgendwelche bürokratischen Verbesserungen?

Meine erste Erfahrung mit der Stiftung war mit dem Fernwärmeprojekt Olivone, das zu den Einzelprojekten gehörte.  Für die Eingabe von Einzelprojekten (nicht im Programm) musste damals zu viel Zeit und Geld für den Antrag beim BAFU und die Validierungs- und Verifizierungsverfahren aufgewendet werden, die Erfahrung war nicht gut. Mit dem neuen Programm Wärmeverbünde der Stiftung KliK (www.waermeverbuende.klik.ch ) hat sich die Situation wesentlich geändert: ein einfaches Online-Antragsverfahren, schnelle und kostenlose Vorprüfung, keine Validierungs- und Verifizierungskosten.

Da Sie auch Verwaltungsratspräsident der Biomassa Blenio SA sind, können Sie bestätigen, dass das Interesse am Anschluss an einen Wärmeverbund deutlich zunimmt, wenn das Netz in der Gegend vorhanden ist?

Auf jeden Fall ist das Vorhandensein eines Wärmeverbundes das beste Verkaufsargument, um neue Kunden zum Anschluss an das Netz zu bewegen. Das Problem ist fast immer die anfängliche Entscheidung, mit der Umsetzung zu beginnen, die die Garantie einer bestimmten Anzahl von an das Netz angeschlossenen Nutzern erfordert. In dieser Hinsicht könnte der neue Artikel im Len (kantonales Energiegesetz), der es den Gemeinden erlaubt, unter bestimmten Bedingungen eine Anschlusspflicht an ein Fernwärmenetz einzuführen, sehr nützlich sein.

Förderung von Wärmeverbünden durch die Stiftung KliK

Wärmeverbünde mit Abwärme aus Wasser oder Abwasser, industrieller Abwärme oder Abwärme aus Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) sowie Biomassefeuerungen, werden alle durch das Programm Wärmeverbünde der Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation KliK unterstützt. Entsprechende Wärmeverbünde erhalten bis 2030 eine Förderung von 100 bis 160 Franken pro Tonne anrechenbarer CO2-Reduktion, abhängig vom Projektstandort.

Eine wichtige Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die Auftragsvergabe für den Bau, die Erweiterung oder die Umstellung des Wärmenetzes nicht vor der Anmeldung beim Programm stattgefunden hat. Zudem können nur Wärmeverbünde gefördert werden, die ohne Förderung unwirtschaftlich wären. Bislang hat die Stiftung KliK im Rahmen des Förderprogrammes insgesamt rund 80 Mio. Franken für 96 Wärmeverbünde in der ganzen Schweiz vertraglich zugesichert. Neue Projekte können nach wie vor eingegeben werden. Das Programm läuft noch bis und mit 2030, es gilt also, JETZT von den Fördergeldern zu profitieren. Das Antragsverfahren zur Programmteilnahme ist dank standardisiertem und vom BAFU genehmigten Berechnungsverfahren einfach. Projektträger erhalten nach kurzer Zeit einen Bescheid über die Förderwürdigkeit des eingereichten Projekts. Weitere Informationen zum Programm, ein Beitragsrechner sowie die Online-Antragsstellung sind über www.waermeverbuende.klik.ch verfügbar.

Für Machbarkeitsstudien bieten viele Kantone oder auch Städte finanzielle Unterstützung an. Eine weitere Möglichkeit zur Umsetzung von Wärmeverbünden ist die Zusammenarbeit mit Kontraktoren. Diese übernehmen – falls gewünscht – die Planung, Finanzierung, den Bau und den Betrieb eines Wärmenetzes innerhalb eines vertraglich festgelegten Zeitraumes.